* 6. Juni 1903
† 1. Mai 1978
von Maria Biesold
Essay
„Ich glaube, daß ich nicht ein einziges Werk komponiert habe, in dem das Wesen der Kultur und Kunst des Volkes nicht irgendwie seinen Niederschlag gefunden hätte“ (zit. n. Šneerson 1984, 102), bekannte Chačaturjan 1974 in einem Rückblick auf sein Schaffen. „Auf den Straßen und Märkten, in den Häusern und Höfen des alten Tiflis konnte man immer georgische, armenische und aserbaidschanische Volksweisen sowie die verschiedensten Musikinstrumente dieser Völker hören. Natürlich habe ich die eigentümliche Polyphonie der Musik dieser Völker – übrigens auch des russischen – völlig unbewußt in mich aufgenommen und über das Gehörte nicht weiter nachgedacht oder es gar analysiert. Die Motive aus den damals populären Estradenliedern, die melodischen Rufe der Straßenhändler … haben dieses musikalische Kaleidoskop noch bunter gestaltet […]. Wenn ich heute an diese musikalischen Anpreisungen denke, wird mir bewußt, wie wichtig hierbei nicht nur bestimmte Wendungen waren, sondern die Gesangsmanier überhaupt […]. Gewöhnlich waren diese Sänger aus dem gurischen Gebiet Georgiens zugewandert, und ihr Gesang zeichnete sich durch eine Fülle schmückender Fiorituren aus, die sie improvisatorisch wie einen Spitzenrand um ein Grundmotiv ranken ließen. Der Musiker würde von einem überaus farbenreichen Kontrapunkt sprechen“ ...